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2021

03

2021-03-01T12:00:00

IT-Automatisierung

PRAXIS

030

IT-Service-Management

Configuration Management Database

Neuerungen in iTop 3.0

Frühjahrsputz

von Martin Ränker

Veröffentlicht in Ausgabe 03/2021 - PRAXIS

Mit der neuen Version präsentiert sich die freie und quelloffene ITSM-Software iTop in einem vollständig überarbeiteten Gewand. Dabei hat der Anbieter nicht nur das Aussehen, sondern auch die Funktionsweise einiger häufig genutzter Features überarbeitet. Das Ergebnis: Weniger Klicks, höhere Effizienz und ein Benutzerinterface, das an die heutigen Standards von Webapplikationen angepasst wurde. Wir haben vom Hersteller vorab einen Einblick in die Alphaversion bekommen.

Im Jahr 2010 gründeten drei ehemalige Mitarbeiter von Hewlett Packard gemeinsam das Unternehmen Combodo. Während ihrer Zeit bei HP entwickelten sie den ersten Prototyp von iTop – einer Software, deren Ziel das pragmatische Managen von Configuration Items und Tickets im Unternehmen ist. Über die Jahre hinweg kamen viele neue Funktionen hinzu; bereits existierende Mechanismen wurden ausgebaut und den Prozessen von ITIL angepasst. Obwohl ursprünglich als Tool zum IT-Service-Management für kleine und mittelständische Unternehmen konzipiert, haben Projekte in Deutschland und Frankreich in der jüngeren Vergangenheit gezeigt, dass iTop auch im Enterprise-Umfeld ein Weg für die Implementation von ITIL sein kann. Mit der Plus-Produktfamilie steht für den DACH-Raum eine ITIL-zertifizierte iTop-Variante zur Verfügung.
Funktionale Änderungen vs. UI
In der Vergangenheit betrafen neue Feature-Releases und Änderungsmöglichkeiten im Kern meist den funktionalen Bereich: Automatische Abhängigkeitsanalysen zwischen CIs, ReST-API, Synchronisationsautomatisierung mit anderen Systemen und die Implementierung des offenen Standards "Object Query Language", um einfach komplexe Abfragen auf der CMDB auszuführen. Allerdings lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass insbesondere das UI des Backends – also der Bereich, in dem die Verwalter der CMDB arbeiten – über die Jahre deutlich zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat.
Neben einem überquellenden Hauptmenü auf der linken Seite (in der Standardinstallation sind allein etwa 70 Funktionen über dieses Menü zugänglich) war ein wesentlicher Kritikpunkt, dass das alte UI für Formulare nicht konsequent auf AJAX setzte. Das bedeutete, dass jedes Mal ein vollständiger Reload einer Seite nötig war, selbst wenn der Admin beispielsweise nur ein Attribut an einem Objekt verändern wollte. Klickorgien waren so vorprogrammiert. Auch der in den letzten Jahren zum Standard gewordenen UI-Philosophie des Arbeitens mit Symbolen wo immer möglich, um das Userinterface übersichtlicher zu halten, aber trotzdem Zugriff auf möglichst viele Informationen zu erlauben, wurde bis dato nur unzureichend Rechnung getragen. Combodo tritt an, dies mit iTop 3.0 zu ändern.
Im Jahr 2010 gründeten drei ehemalige Mitarbeiter von Hewlett Packard gemeinsam das Unternehmen Combodo. Während ihrer Zeit bei HP entwickelten sie den ersten Prototyp von iTop – einer Software, deren Ziel das pragmatische Managen von Configuration Items und Tickets im Unternehmen ist. Über die Jahre hinweg kamen viele neue Funktionen hinzu; bereits existierende Mechanismen wurden ausgebaut und den Prozessen von ITIL angepasst. Obwohl ursprünglich als Tool zum IT-Service-Management für kleine und mittelständische Unternehmen konzipiert, haben Projekte in Deutschland und Frankreich in der jüngeren Vergangenheit gezeigt, dass iTop auch im Enterprise-Umfeld ein Weg für die Implementation von ITIL sein kann. Mit der Plus-Produktfamilie steht für den DACH-Raum eine ITIL-zertifizierte iTop-Variante zur Verfügung.
Funktionale Änderungen vs. UI
In der Vergangenheit betrafen neue Feature-Releases und Änderungsmöglichkeiten im Kern meist den funktionalen Bereich: Automatische Abhängigkeitsanalysen zwischen CIs, ReST-API, Synchronisationsautomatisierung mit anderen Systemen und die Implementierung des offenen Standards "Object Query Language", um einfach komplexe Abfragen auf der CMDB auszuführen. Allerdings lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass insbesondere das UI des Backends – also der Bereich, in dem die Verwalter der CMDB arbeiten – über die Jahre deutlich zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat.
Neben einem überquellenden Hauptmenü auf der linken Seite (in der Standardinstallation sind allein etwa 70 Funktionen über dieses Menü zugänglich) war ein wesentlicher Kritikpunkt, dass das alte UI für Formulare nicht konsequent auf AJAX setzte. Das bedeutete, dass jedes Mal ein vollständiger Reload einer Seite nötig war, selbst wenn der Admin beispielsweise nur ein Attribut an einem Objekt verändern wollte. Klickorgien waren so vorprogrammiert. Auch der in den letzten Jahren zum Standard gewordenen UI-Philosophie des Arbeitens mit Symbolen wo immer möglich, um das Userinterface übersichtlicher zu halten, aber trotzdem Zugriff auf möglichst viele Informationen zu erlauben, wurde bis dato nur unzureichend Rechnung getragen. Combodo tritt an, dies mit iTop 3.0 zu ändern.
Bessere Suche, schnellere Objekterzeugung
Die neue Version der ITSM-Suite präsentiert sich mit einem von Grund auf runderneuerten Benutzerinterface. Die beiden konkreten Ziele der Überarbeitung waren die Veränderung des Aussehens an sich und eine effizientere Nutzung der Software. So zeigt sich die neue Willkommensseite deutlich übersichtlicher. Dem Menü (weiterhin ausklappbar) hat der Hersteller eindeutige Symbole zugeordnet, die den zielgerichteten Zugriff ohne viel Text erlauben. Durch "Alt + M" öffnet sich das Hauptmenü und der Cursor wird automatisch in einem neuen Suchfenster platziert, das das Hauptmenü durchsucht. Die dynamische Suche filtert dann die Menüs, die die Zeichenfolge des Suchbegriffs des Nutzers enthalten. Damit ist eine deutlich schnellere Navigation möglich.
Ebenfalls neu ist die Funktion "Fast Object Creation". In iTop stellt jede über das UI abrufbare Information ein Objekt dar. Das können Server oder Racks sein, aber auch Tickets und deren Anhänge. Um ein Objekt eines bestimmten Typs zu erzeugen, war es bisher nötig, sich im Menübaum oder über die globale Suche eine Liste bestehender Objekte anzeigen zu lassen, um aus dem Kontextmenü einer solchen Liste ein neues Objekt zu erstellen. Mit iTop 3.0 kann der Nutzer komfortabel – und vor allem unabhängig davon, an welchem Ort in der Applikation er sich gerade bewegt – ein neues Objekt eines beliebigen Typs schaffen. Das AJAX-basierte Formfield schlägt nach der Eingabe weniger Buchstaben in Frage kommende Objekttypen vor und speichert frühere Eingaben für den Schnellabruf automatisch. Die mit iTop 2.5 eingeführte globale Suche und die Breadcrumbs sind natürlich weiterhin mit von der Partie.
Änderungen im Ticket-Bereich
Auch die Detailseiten einzelner Objekte haben eine Anpassung erfahren. Darunter ist die Klasse mit den meisten Veränderungen die der Tickets. Statt wie bisher das Log, das die gesamte Kommunikation zu einem Ticket aufgeführt hatte, unter den Metainformationen des Tickets anzuzeigen (was sehr unübersichtlich war), erscheint die Korrespondenz nun rechts in einer eigenen Spalte.
Dabei kann der Benutzer selbst auswählen, ob er nur Logeinträge aus dem privaten oder dem öffentlichen Log angezeigt haben möchte oder – mit einem Klick auf den Reiter "Activity" – auch alle Statuswechsel des Tickets zwischen den Nachrichten. Alle Logeinträge lassen sich mit einem Klick auf einmal aus- oder einklappen. Und falls sie einmal länger ausfallen, lässt sich die gesamte rechte Kommunikationsspalte nach links expandieren, um sie besser lesen zu können.
Um einem Ticket einen Logeintrag hinzuzufügen, war es in älteren iTop-Versionen nötig, die komplette Seite des Tickets im Modifikationsmodus neu zu laden, den Eintrag zu schreiben, gegebenenfalls mit einem erneuten Page-Reload einen Statusübergang zu veranlassen und schließlich noch einmal die Seite neu zu laden, wenn ein Klick auf "Speichern" erfolgte.
Mit iTop 3.0 reichen nun lediglich zwei Klicks für alle diese Aktionen aus: Das Symbol einer Feder erlaubt es, das Modifikationsfenster zu öffnen, ohne die Seite erneut laden zu müssen. Der Rich-Text-Editor bleibt dabei weiterhin verfügbar. Anschließend schreibt der Benutzer seinen Beitrag. Mit einem Klick auf "Hinzufügen und..." öffnet sich ein weiteres Menü, in dem alle vom aktuellen Status des Tickets aus erreichbaren weiteren Status auswählbar sind. Dabei erfolgt ein automatisches Speichern.
Der Status eines Tickets findet sich nun prominenter direkt unter seinem Namen; in vorherigen iTop-Versionen erschien das Attribut neben vielen anderen auf dem Bildschirm und ging in der Fülle von Informationen etwas unter. Ein kleiner Wermutstropfen: Das komfortablere Editieren von n:n-Verknüpfungen zwischen Objekten ist in iTop 3.0 noch nicht enthalten, aber bereits fest für das 3.1-Release eingeplant.
Das neue UI ist nicht nur Makeup. Nach eigener Aussage hat Combodo das gesamte UI-Framework von Grund auf neu entwickelt. Damit trägt der Hersteller neuen Browserstandards Rechnung, was die Geschwindigkeit auf Endnutzerseite erhöhen und die Last auf den Browser pro Tab reduzieren soll. Dass dies gelungen ist, können wir nach ausgiebigen Tests mit der Alphaversion bestätigen.
Bild 1: Hamburger-Menü, eindeutige Symbolik, besseres Farbschema: Der erste Blick auf das neue UI von iTop 3.0 in der Alphaversion.
Mehr Anpassung durch Variablen
Eine extensive Modulprogrammierschnittstelle sorgt dafür, dass sich iTop fast beliebig auf die Bedürfnisse des eigenen Unternehmens anpassen lässt. Im gleichen Atemzug mit der Erneuerung des UI selbst wurden die internen Schnittstellen für die UI-API überarbeitet. Mit iTop 3.0 ist es möglich, durch ganz normale Extensions das UI in fast jeder Hinsicht umzubauen und stilistisch anzupassen. Fast jedes Element wird per SCSS-Variable adressierbar und damit anpassbar sein. Das betrifft nicht nur die Möglichkeit, iTop mit den eigenen Unternehmensfarben zu stylen (was bisher in gewissen Grenzen durchaus möglich war), sondern beispielsweise die Höhe und Breite von speziellen Formularfenstern anzupassen oder einzelne Symbole auszutauschen.
Anpassungen der Stylesheets lassen sich durch den <variables>-Node XML-inline vornehmen. Soll sich mehr als nur eine einzelne Variable ändern, bietet es sich an, den Import-Node zu nutzen.
Auch das Überladen bereits gesetzter Variablen ist auf diesem Weg möglich. Letztlich lassen sich vollständig eigene Style-sheets einbinden, sofern das im Kontext praktischer ist.
Bereits mit iTop 2.7 wurde die neue Authentication-API veröffentlicht. Per Modul ist es nun möglich, für die Anmeldung an iTop (theoretisch) jedes beliebige Authentifizierungsschema zu verwenden. Der Verwirklichung einer Anmeldung mit Google- oder Facebook-Konto per OAuth-Standard steht also nichts mehr im Weg. Ebenso stellt es kein Problem dar, per Erweiterung Zweifaktor-Authentifizierung zu realisieren – und zwar egal von welchem Service-Provider. Eine Funktion für das Durchsetzen von Passwort-Policies ist bereits fester Bestandteil des Core von iTop 2.7.
Für das Verändern des Logins stellt Combodo ein kostenloses How To zur Verfügung, das sich unter [1] auf dem iTop Hub abrufen lässt. Der iTop Hub ist das Community-Zentrum für Informationen zu iTop. Dort finden sich Referenzen, Dokumentation, Erweiterungen und Neuigkeiten zu iTop-Releases.
Bild 2: Die neuen Detailansichten wie hier beim Ticketing erfuhren ebenfalls eine grundlegende Überarbeitung. Hier ist der größte Effizienzgewinn zu verzeichnen.
Migration und Roadmap
Wesentliches Element einer CMDB ist Stabilität und Zuverlässigkeit, da sie das Rückgrat des IT-Service-Managements bildet. Deswegen hat mit dem neuem Major Release 3.0 "lediglich" das UI eine Veränderung erfahren. Das Datenmodell besteht soweit wie möglich fort, damit sich nicht zu viele Variablen auf einen Schlag verändern. Mit Änderungen am Datenmodell und neuen Core-Funktionen ist aber in den Versionen iTop 3.1 und 3.2 zu rechnen, die 2021 und 2022 erscheinen sollen. Diese Roadmap gilt im Wesentlichen sowohl für die Community-Variante des Produkts als auch für die Enterprise-Version (Professional, Professional Plus mit ITIL-Zertifizierung).
An Anwender, die deshalb noch warten wollen, bis Version 3.1 oder 3.2 erscheint, hat der Hersteller ebenfalls gedacht: Mitte 2020 traf Combodo zusammen mit seinen Partnern die Entscheidung, die aktuelle Version 2.7 als LTS-Release zu behandeln. Bugfixes gab es für eine iTop-Version üblicherweise immer nur ein Jahr, Sicherheitsupdates noch ein halbes Jahr länger. Dieser Release-Geschwindigkeit wollen nicht alle Unternehmen folgen, ist die CMDB doch im besten Fall hochintegriert im Unternehmenskontext. Nach dem Vorbild großer Linux-Derivate fiel deshalb für Version 2.7 die Entscheidung, Bugfixes jeglicher Art stattdessen für zwei Jahre (also bis Ende 2021) und Securityfixes drei Jahre lang (also bis Ende 2022) bereitzustellen, um den Unternehmen, die iTop bereits einsetzen, mehr Karenz für den Umstieg auf iTop 3.0 einzuräumen.
Durch Covid-19 beschleunigt, werden in den nächsten Monaten viele Unternehmen und öffentliche Institutionen wie Schulen gezwungen sein, ihre IT-Infrastruktur in kurzer Zeit drastisch auszubauen. Der damit einhergehende Verwaltungsaufwand für die IT-Verantwortlichen steigt rapide an. Um hier die Kontrolle zu behalten, ist die Einführung von IT-Service-Management eine Möglichkeit. Deswegen plant Combodo zusammen mit den Partnern für 2021 den Start von "iTop as a Service". Dieses Angebot soll sich an alle Kunden richten, die, ausgestattet mit geringem Budget und begrenzter Manpower für das Aufsetzen und Verwalten einer CMDB, diesen Veränderungen Herr werden müssen.
Fazit
iTop ist in den vergangenen Jahren so erwachsen geworden, dass es bei großen Unternehmungen wie Airbus France, der Deutschen Bahn und der Max-Planck-Gesellschaft das Rückgrat des IT-Service-Managements als CMDB und Ticketsystem bildet. Mit der Neugestaltung des UI wirft iTop 3.0 eine der letzten bedeutenden Altlasten ab, die die freie Software bisher mit sich tragen musste. Im Mittelpunkt der Veränderungen steht der Effizienzgewinn für den Endnutzer durch die Implementierung zeitgemäßer UX- und UI-Standards. Damit ist der Weg geebnet, neben dem üppigen Umfang an Kernfunktionalitäten auch in dieser Hinsicht zu den Großen aufzuschließen.
(ln)
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