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2021-12-01T12:00:00
Small Business IT
AKTUELL
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Interview
Interview
»Die Pandemie sorgt bei kleinen und mittleren Unternehmen für einen Digitalisierungsschub«
Redaktion IT-Administrator
Veröffentlicht in Ausgabe 12/2021 - AKTUELL
Seit 2012 unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit dem Mittelstand-Digital-Netzwerk kleine und mittlere Unternehmen mit vielfältigen Angeboten in Sachen IT. Wir sprachen mit Martin Lundborg, dem Leiter der Begleitforschung Mittelstand-Digital bei der WIK-Consult GmbH, über die Besonderheiten in der IT von KMU.
IT-Administrator: Welche sind die aktuell größten Herausforderungen für IT-Verantwortliche in kleinen und mittelständischen Unternehmen?
Martin Lundborg: Viele KMU stehen vor der Aufgabe, ihre bestehende Unternehmenssysteme und -prozesse zu digitalisieren und dafür die Daten zu erheben, zu bearbeiten und auszuwerten. Damit das reibungslos umgesetzt wird, können Unternehmen auf agiles Arbeiten mit fachübergreifenden Teams aus verschiedenen Abteilungen setzen. Denn beim Einsatz digitaler Technologien kommt es auf die Kombination aus Fachwissen verschiedenster Abteilungen und das Knowhow der IT-Verantwortlichen an. Um alle Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen, ist eine offene Kommunikation mit der Belegschaft zu Zielen und Maßnahmen der Digitalisierung notwendig. Da sich viele mittelständische Unternehmer um ihre Daten sorgen, ist natürlich auch IT-Sicherheit immer wieder ein großes Thema. Diesbezüglich werden wir auch häufig befragt, wie personenbezogene Daten am besten DSGVO-konform gespeichert werden können.
Wo sehen Sie die größten Defizite im Kampf gegen diese Herausforderungen?
IT-Administrator: Welche sind die aktuell größten Herausforderungen für IT-Verantwortliche in kleinen und mittelständischen Unternehmen?
Martin Lundborg: Viele KMU stehen vor der Aufgabe, ihre bestehende Unternehmenssysteme und -prozesse zu digitalisieren und dafür die Daten zu erheben, zu bearbeiten und auszuwerten. Damit das reibungslos umgesetzt wird, können Unternehmen auf agiles Arbeiten mit fachübergreifenden Teams aus verschiedenen Abteilungen setzen. Denn beim Einsatz digitaler Technologien kommt es auf die Kombination aus Fachwissen verschiedenster Abteilungen und das Knowhow der IT-Verantwortlichen an. Um alle Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen, ist eine offene Kommunikation mit der Belegschaft zu Zielen und Maßnahmen der Digitalisierung notwendig. Da sich viele mittelständische Unternehmer um ihre Daten sorgen, ist natürlich auch IT-Sicherheit immer wieder ein großes Thema. Diesbezüglich werden wir auch häufig befragt, wie personenbezogene Daten am besten DSGVO-konform gespeichert werden können.
Wo sehen Sie die größten Defizite im Kampf gegen diese Herausforderungen?
Viele kleine und mittelständische Unternehmen haben nach wie vor mit dem Fachkräftemangel beziehungsweise mit fehlendem Know-how zu kämpfen. Die Anschaffung von Soft- und Hardware allein ist nicht ausreichend. Es braucht auch Experten, die die entsprechenden Lösungen über einen längeren Zeitraum hinweg in bestehende Unternehmensprozesse integrieren und ihr Wissen an die anderen Mitarbeiter weitergeben. Nur so können die Digitalisierungsmaßnahmen auf Dauer von Erfolg gekrönt sein. Viele Unternehmen zieren sich zudem vor Investitionen in digitale Technologien, weil sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis meist nicht abschätzen können. Wenn der Nutzen unklar und das Budget knapp ist, werden Investitionen gerne aufgeschoben – auch wenn den meisten Unternehmern theoretisch bewusst ist, dass Digitalisierung absolut notwendig ist, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Angebot der Mittelstand-Digital-Zentren setzt genau bei diesen Herausforderungen an: Mittelstand-Digital ist ein Förderschwerpunkt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, der die Unternehmen kostenlos und anbieterneutral mit Know-how unterstützt und dabei hilft, die eigenen Anforderungen zu definieren und geeignete Lösungen zu finden, die sich für die Unternehmen lohnen.
Wie sollten IT-Verantwortliche priorisieren, wenn aus diesen Herausforderungen konkrete Aufgaben werden? Gibt es eine Pflicht und eine Kür?
Das hängt sehr stark davon ab, bei welchem digitalen Reifegrad sie inzwischen angekommen sind. Unternehmen, die noch nicht über ERP-Systeme verfügen und die grundlegenden Daten identifiziert, aufbereitet und ausgewertet haben, sollten bei diesen Themen ansetzen, um einen ausreichenden digitalen Reifegrad für eine weitere Digitalisierung zu erreichen. Unternehmen, die ihre Daten bereits hinreichend erschlossen haben, können dazu übergeben, die Daten beziehungsweise das durch die Daten gewonnene Wissen individuell einzusetzen. Je nach Branche und Unternehmen zählen zu den Möglichkeiten etwa die Automatisierung verschiedener Arbeitsprozesse, datengestützte Prognosen auf Basis von künstlicher Intelligenz oder das sogenannte Predictive Maintenance, also die vorausschauende Instandhaltung von Maschinen, um Ausfällen frühzeitig entgegenzuwirken. In einigen Fällen können die Daten sogar zur Erschließung neuer Geschäftsfelder oder -modelle herangezogen werden, zum Beispiel um den Kunden ergänzende Dienstleistungen für das eigene Produkt anzubieten.
Die Cloud spielt bei der Transformation der IT und des Unternehmens eine wichtige Rolle. Dennoch fremdeln viele Unternehmen mit Clouddiensten. Wo sind solche Bedenken begründet und wo weniger?
Viele KMU haben nicht zu Unrecht Angst um ihre Daten und die Datensicherheit. Sind die Daten sicher? Kann das Unternehmen wirklich sensible Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in der Cloud speichern? Nicht nur mit Cyberkriminalität und entsprechenden Präventionsmaßnahmen müssen sich die Unternehmen befassen, auch die Abhängigkeiten gegenüber einzelnen Cloudanbietern sowie die Hürden bei der Cloudmigration werden immer wichtigere Themen. Organisationen können zum Beispiel eine Multicloud-Strategie implementieren, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu vermeiden und Ausfallrisiken zu verringern. Entscheidend ist es, die Risiken zu identifizieren und entsprechende Gegenmaßnahmen umzusetzen. So können Unternehmen von den Vorteilen der Cloudanwendungen profitieren und Risiken minimieren. Neue Möglichkeiten bietet hier das europäische GAIA-X-Ökosystem. Dieses soll die Infrastrukturebene und die Applikationsebene besser trennen, um die Migration zwischen unterschiedlichen Infrastrukturanbietern zu erleichtern. Zudem werden Normen erarbeitet, die die Cloudmigration für KMU erleichtern sollen.
Nicht selten fehlt der Geschäftsführung die Einsicht in Notwendigkeiten der IT. Haben Sie Tipps für IT-Verantwortliche in Sachen Kommunikation mit der nicht-technischen Geschäftsführung?
Wir haben bei Mittelstand-Digital und in den Zentren im Netzwerk gute Erfahrungen damit gemacht, uns auf den unternehmerischen Nutzen von digitalen Technologien zu fokussieren. Gerade diese betriebswirtschaftlichen Aspekte ermöglichen es nicht-technischen Geschäftsführungen, potenzielle Digitalisierungsprojekte besser einordnen zu können. Für viele Entscheidungsträger sind zudem auch erfolgreiche Digitalisierungsbeispiele in anderen Unternehmen hilfreich. Deswegen haben wir zahlreiche solcher Beispiele zusammen mit Unternehmen erarbeitet. Viele von diesen finden Sie auf unserer Webseite oder denen der Mittelstand-Digital-Zentren. Wenn die Unsicherheit groß ist oder negative Erfahrungen aus der Vergangenheit noch als Hindernis gesehen werden, hilft es auch, die Digitalisierung in kleinen Schritten voranzutreiben. Die Zentren unterstützen mit Unternehmensgesprächen, Workshops und Checklisten, um gerade auch solche kleineren "Start-Projekte" zu identifizieren. Wer einmal die Vorteile von durchdachten digitalen Lösungen erfahren hat, ist in der Regel motiviert, weitere Digitalisierungsprojekte umzusetzen.
»Viele KMU haben nach wie vor mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen.«
Es gibt gewiss "solche und solche" Notwendigkeiten, aber in Sachen IT-Security sollte es 2021 eigentlich keine zwei Meinungen mehr geben. Lässt sich dies auch in der Praxis beobachten?
Tatsächlich setzen leider noch nicht alle KMU die notwendigen Maßnahmen um. Auf der technischen Seite ist zum Beispiel zu beobachten, dass einige Unternehmen nach wie vor ihre E-Mails nicht verschlüsseln. Das zeigt unter anderem der DsiN-Praxisreport Mittelstand 2020 zur IT-Sicherheit in kleinen und mittleren Unternehmen. Dabei können für den technischen Schutz recht einfach und kostengünstig Fertiglösungen beschafft werden, zum Beispiel gegen E-Mail-Schadsoftware oder zur E-Mail-Verschlüsselung. Auch für das Rechtemanagement sind Anwendungen vorhanden. Wichtig sind ebenso die organisatorischen Maßnahmen, zum Beispiel die Schulung von Mitarbeitern und die Festlegung von Richtlinien. Zwar sind hier keine großen Investitionen notwendig, aber viele organisatorische Maßnahmen werden von vielen KMU noch nicht ausreichend umgesetzt.
Neben den Fragestellungen, die wir bislang diskutiert haben, hat zuletzt COVID-19 einen gewaltigen Einfluss auf das Geschehen in KMU gehabt. Sind Ihrer Erfahrung nach Unternehmen, die schon davor auf Digitalisierung gesetzt haben, besser durch die Krise gekommen?
Die Unternehmen sind je nach Branche und Geschäftsmodell unterschiedlich von den Corona-Maßnahmen betroffen. Jedoch gilt generell, dass sehr viele Unternehmen im Lockdown auf mobiles Arbeiten setzen mussten. Firmen, die davor nicht besonders digitalisiert waren, mussten in kürzester Zeit Mitarbeiter neu ausstatten und VPN-Zugänge einrichten. Prozesse für alles, von Urlaubsanträgen bis zu sensibleren Vorgängen im Personalbereich, die bis dahin auf Papier abgewickelt wurden, funktionierten nicht mehr. Entscheidungen, die vorher im Besprechungsraum getroffen wurden, fanden plötzlich über E-Mail oder andere Kommunikationsplattformen statt. Umfragen zeigen, dass Kriminelle versucht haben, diese Situation auszunutzen. Entsprechend hat die Anzahl der Cyberangriffe deutlich zugenommen. Unternehmen, die schon vor der Pandemie gut aufgestellt waren und ihre Prozesse digitalisiert hatten, konnten sich in dieser Zeit auf andere Herausforderungen fokussieren und haben die Krise somit im Durchschnitt vergleichsweise besser überstanden. Für unsere Arbeit im Netzwerk Mittelstand-Digital bedeutete die Pandemie, dass die Zentren häufig auf virtuelle Angebote statt auf Präsenzveranstaltungen umstellen mussten. Viele Unternehmen haben diese Angebote auch genutzt und an den virtuellen Veranstaltungen teilgenommen – mindestens so viele wie wir vor der Pandemie erreicht haben. Wir sind davon überzeugt, dass die teilnehmenden Unternehmen von dem neuen Know-how auch nach der Pandemie profitieren können, sodass ein weiterer Digitalisierungsschub in diesem und im kommenden Jahr ermöglicht wird.
WiWir danken für das Gespräch!