Ich hatte einen Freund, der war Admin. Ich komme angesichts des Heftschwerpunkts deshalb auf ihn, weil er "remote" immer wie "riemjuuhht" aussprach, was in Verbindung mit seinem schwäbischen Akzent stets für ein Schmunzeln sorgte. Ich denke auch deshalb an ihn, weil er in diesem Juni starb, mit 53, an Lungenkrebs.
Kennengelernt hatte ich Harald während des Studiums. Er war für Germanistik eingeschrieben, hatte zuvor schon Tiermedizin abgebrochen. Sein Weg war nicht immer geradlinig. Im Nebenjob als UPS-Fahrer vergaß er an einem Hügel einmal, die Handbremse anzuziehen. Der Laster machte sich selbstständig, krachte in parkende Autos – und Harald war seine Arbeitsstelle wieder los. Auch er selbst eckte oft an, war direkt, teils bis an die Grenze zur Unhöflichkeit. In der vollen Kneipe war er derjenige, der an einen Tisch trat und die Zecher mit den Worten "Die Herrschaften gehen ja sicher gleich!" breit anlächelte. Er hatte eine laute Stimme, fast schon ein Brüllen, und zum Leidwesen aller Gäste auf meiner 40. Geburtstagsparty auf einer Berghütte ging er als Letzter ins Bett.
Die Germanisten hatten einen Computerraum, Harald als Hilfskraft besaß einen Schlüssel. Heimlich setzen wir uns nachts mit Bier und Chips vor die Rechner, veranstalteten LAN-Partys und zockten. Bis uns der Bereichsleiter erwischte und Harald entschied, dass Germanistik wohl doch nichts für ihn sei. Auf einer Reise im Freundeskreis durch Namibia buddelten wir gemeinsam unseren Jeep aus dem Sand, campierten unter den Sternen an der Spitzkoppe. Wir lachten viel, ärgerten uns gern gegenseitig. Er brachte meinen Kindern (zur großen Begeisterung meiner Partnerin) bei, dass man einen lauten Rülpser stets mit einem noch lauteren "Schulz!" entschuldigen könne.
Ich hatte einen Freund, der war Admin. Ich komme angesichts des Heftschwerpunkts deshalb auf ihn, weil er "remote" immer wie "riemjuuhht" aussprach, was in Verbindung mit seinem schwäbischen Akzent stets für ein Schmunzeln sorgte. Ich denke auch deshalb an ihn, weil er in diesem Juni starb, mit 53, an Lungenkrebs.
Kennengelernt hatte ich Harald während des Studiums. Er war für Germanistik eingeschrieben, hatte zuvor schon Tiermedizin abgebrochen. Sein Weg war nicht immer geradlinig. Im Nebenjob als UPS-Fahrer vergaß er an einem Hügel einmal, die Handbremse anzuziehen. Der Laster machte sich selbstständig, krachte in parkende Autos – und Harald war seine Arbeitsstelle wieder los. Auch er selbst eckte oft an, war direkt, teils bis an die Grenze zur Unhöflichkeit. In der vollen Kneipe war er derjenige, der an einen Tisch trat und die Zecher mit den Worten "Die Herrschaften gehen ja sicher gleich!" breit anlächelte. Er hatte eine laute Stimme, fast schon ein Brüllen, und zum Leidwesen aller Gäste auf meiner 40. Geburtstagsparty auf einer Berghütte ging er als Letzter ins Bett.
Die Germanisten hatten einen Computerraum, Harald als Hilfskraft besaß einen Schlüssel. Heimlich setzen wir uns nachts mit Bier und Chips vor die Rechner, veranstalteten LAN-Partys und zockten. Bis uns der Bereichsleiter erwischte und Harald entschied, dass Germanistik wohl doch nichts für ihn sei. Auf einer Reise im Freundeskreis durch Namibia buddelten wir gemeinsam unseren Jeep aus dem Sand, campierten unter den Sternen an der Spitzkoppe. Wir lachten viel, ärgerten uns gern gegenseitig. Er brachte meinen Kindern (zur großen Begeisterung meiner Partnerin) bei, dass man einen lauten Rülpser stets mit einem noch lauteren "Schulz!" entschuldigen könne.
Das letzte Mal sah ich Harald im Mai. Zufällig begegnete ich ihm auf meinem Weg zur Arbeit. Ich war auf dem Fahrrad und hörte ein lautes Brüllen: "LARS!!" Ich fuhr an die Seite. Harald sah schlecht aus. Er war gerade auf dem Weg zu einer der letzten Sitzungen seiner Chemotherapie, insgesamt hatte er zu diesem Zeitpunkt sechs oder sieben Zyklen hinter sich. Das sah man ihm an, der Krebs und die Chemo hatten ihm zugesetzt. Nach dem lauten Ruf war er so außer Atem, dass er erst einmal eine halbe Minute Luft holen musste. Wir unterhielten uns über seine Erkrankung und die Perspektiven nach der Therapie. Ich wünschte ihm alles Gute und klopfte ihm zum Abschied auf die Schulter. Er stieg in die Tram und ich sah ihn davonfahren.
Mach es gut Harald – wenn einer Himmel und Hölle zusammenbrüllen kann, dann du!