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2024

08

2024-07-30T12:00:00

Helpdesk und Support

AKTUELL

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IT-Support

Interview

Interview

»Geduld und Neugier des IT-Supports können wahre Wunder bewirken«

Redaktion IT-Administrator

Veröffentlicht in Ausgabe 08/2024 - AKTUELL

Die hohe Dynamik der IT schlägt am Ende des Tages auch im IT-Support auf. Der Helpdesk muss sich immer wieder auf neue Anforderungen wie Cloudapps, mobile Nutzer und Home Office sowie generative KI einstellen. Wir sprachen mit Robert Rosellen, Area Vice President Germany bei ServiceNow, über aktuelle Herausforderungen im IT-Support

IT-Administrator: Eines der Hauptprobleme im IT-Support ist die sehr hohe Anzahl von Anfragen und Supportfällen und damit deren lange Bearbeitungsdauer. Was kann der Support hier tun, um die Kundenzufriedenheit hochzuhalten?
Robert Rosellen: Dieses Problem zieht sich durch alle Themen des Alltags. Sowohl im Job als auch im Privatleben sind wir alle irgendwann einmal im Kontakt mit dem IT-Support – etwa, weil der PC nicht wie gewohnt funktioniert oder der Zugriff zum unternehmenseigenen SharePoint verweigert wurde. Das klassische System, ein Ticket zu ziehen und auf die Bearbeitung zu warten, funktioniert heutzutage durch die hohe Anzahl an Anfragen nicht mehr. Wenn ein Nutzer dann noch hört "Haben Sie es bereits mit An- und wieder Ausschalten versucht?", denkt er sich: "Das hätte ich auch selbst machen können." Aber genau das ist der Punkt. Der IT-Support muss heute dahin kommen, Redundanzen aufzudecken. Wenn sich Probleme durch einen Neustart oder durch Überprüfen der Kabelverbindungen beheben lassen, dann lohnt sich eventuell ein Self-Service-Tutorial. Nutzer können sich so um die am häufigsten auftretenden Probleme ohne Weiteres selbst kümmern und erhalten damit oftmals schneller eine Lösung, als wenn sie auf den Helpdesk angewiesen sind. Außerdem legt ein solcher Weg Kapazitäten bei den Kundenberatern frei, die nicht zehnmal am Tag dasselbe Problem erklären müssen. Stattdessen erhalten diejenigen mit schwerwiegenderen Problemen mehr Aufmerksamkeit und eine schnellere Lösung.
Wie skaliert ein Servicedesk optimal?
IT-Administrator: Eines der Hauptprobleme im IT-Support ist die sehr hohe Anzahl von Anfragen und Supportfällen und damit deren lange Bearbeitungsdauer. Was kann der Support hier tun, um die Kundenzufriedenheit hochzuhalten?
Robert Rosellen: Dieses Problem zieht sich durch alle Themen des Alltags. Sowohl im Job als auch im Privatleben sind wir alle irgendwann einmal im Kontakt mit dem IT-Support – etwa, weil der PC nicht wie gewohnt funktioniert oder der Zugriff zum unternehmenseigenen SharePoint verweigert wurde. Das klassische System, ein Ticket zu ziehen und auf die Bearbeitung zu warten, funktioniert heutzutage durch die hohe Anzahl an Anfragen nicht mehr. Wenn ein Nutzer dann noch hört "Haben Sie es bereits mit An- und wieder Ausschalten versucht?", denkt er sich: "Das hätte ich auch selbst machen können." Aber genau das ist der Punkt. Der IT-Support muss heute dahin kommen, Redundanzen aufzudecken. Wenn sich Probleme durch einen Neustart oder durch Überprüfen der Kabelverbindungen beheben lassen, dann lohnt sich eventuell ein Self-Service-Tutorial. Nutzer können sich so um die am häufigsten auftretenden Probleme ohne Weiteres selbst kümmern und erhalten damit oftmals schneller eine Lösung, als wenn sie auf den Helpdesk angewiesen sind. Außerdem legt ein solcher Weg Kapazitäten bei den Kundenberatern frei, die nicht zehnmal am Tag dasselbe Problem erklären müssen. Stattdessen erhalten diejenigen mit schwerwiegenderen Problemen mehr Aufmerksamkeit und eine schnellere Lösung.
Wie skaliert ein Servicedesk optimal?
Grundsätzlich legt eine Analyse und Optimierung der eigenen Betriebsabläufe ein Fundament für die nachhaltige Skalierung. Dies kann beispielsweise durch die Digitalisierung dieser Arbeitsabläufe – etwa über eine Workflow-Plattform – geschehen. Damit kann ein Servicedesk auch gleich einen Self-Service zur Verfügung stellen und das eigene Personal optimal auf die Bedürfnisse schwerwiegenderer Problemfälle anpassen.
Sehen Sie in diesem Zusammenhang auch einen Trend zu Chatbots und generativer KI im Support?
Selbstverständlich, denn Chatbots und generative KI werden als erste Instanz dienen, den vorliegenden Fall zu kategorisieren und zu lösen. Je nach Grad des kalkulierten Aufwands kann der Chatbot in einem Frage-Antwort-Modus schon Lösungen anbieten und den Nutzer mit Tutorials oder Handbüchern ausstatten. Im Prinzip machen die bekannten Gen-AI-Apps wie ChatGPT ja nichts anderes: Ein User stellt eine Frage, die App recherchiert und gibt einen Lösungsweg aus. Im Falle des Helpdesks kann das Tool dann an einem gewissen Punkt entweder selbst entscheiden, dass ein Servicemitarbeiter nötig ist, oder es lässt dem Nutzer die Möglichkeit, nach einem Supporter zu fragen. Das größte Problem, das ich hieran jedoch sehe, ist die Akzeptanz der Nutzer hinsichtlich dieser digitalen Assistenten. Zwar zeigt der CV-Report 2024 von ServiceNow, dass sich jeder zweite Deutsche bezüglich Produktdetails, allgemeinen Informationen und Problemen an einen Chatbot wenden würde – die Akzeptanz eines Serviceportals liegt zu diesen Themen im Übrigen bei 67 Prozent. Jedoch wird auch klar, dass drei Viertel der Befragten sich bis 2030 eine Rückkehr zum menschlich geprägten Kundendienst wünschen, um Automatisierungen zu vermeiden. Hier liegt also auch noch ein großes Stück Arbeit vor uns, die Menschen über die Chancen und Möglichkeiten der neuen Technologie aufzuklären und durch eine gute Experience zu gewinnen.
Andererseits verschwenden die technischen Supportteams zu viel Zeit damit, häufig gestellte Fragen zu beantworten und sich wiederholende Probleme zu lösen.
Hier liegt eben genau die Krux: Supportteams müssen aktuell einen Mittelweg zwischen Automatisierung zur Optimierung der eigenen Betriebsabläufe und menschlichem Kontakt finden. Zeitgleich müssen sie aber auch die Endnutzer entsprechend aufklären, sodass sich Redundanzen künftig vermeiden lassen. Oftmals scheitern User aber bereits an den bis heute zur Verfügung gestellten Mitteln. So gibt es beispielsweise nach wie vor zu viele Websites, die sich nicht an die Drei-Klick-Regel halten, derzufolge der Nutzer auf jeder Website innerhalb von drei Klicks an der Zielseite angekommen sein sollte. Hier gilt es, signifikant nachzubessern. Dann können Anwender etwaige Probleme bereits vor der ersten Kontaktaufnahme mit dem Helpdesk lösen.
Gleichzeitig finden dank der Cloud neue Anwendungen und Dienste immer schneller ihren Weg in das Unternehmen und somit auf die Rechner der Endanwender. Das lässt oft Anwender wie auch Supporter schlecht geschult mit diesen Diensten arbeiten. Wie können IT-Verantwortliche diesem Missstand begegnen?
Ein Hauptproblem hinsichtlich moderner Anwendungen ist fehlgeleiteter Aktionismus. Oftmals werden von der IT-Abteilung Applikationen implementiert, die vorab nicht adäquat auf die Usability und die individuellen Anforderungen eines Unternehmens geprüft werden. Geschieht dies, verkompliziert dies Prozesse nur noch, anstatt sie zu entschlacken. Das stößt am Ende des Tages sowohl beim Support als auch bei den Usern auf Unverständnis und verstärkt die Unzufriedenheit mit den eingesetzten Tools. Ein erster Schritt muss daher zwangsläufig der Usability-Vorab-Check sein. Hierfür kann es auch helfen, wenn sowohl der Support als auch die einzelnen Abteilungen Use Cases bereitstellen, um zu verdeutlichen, was bereits gut läuft und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt. Dies gilt im Übrigen nicht nur vor der Implementierung: Auch im laufenden Betrieb ist dieser Usability-Check stetig erforderlich, um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Letzten Endes ist jede neu eingeführte Software ein Change-Prozess, der adäquat intern kommuniziert werden will. Fühlen sich die Mitarbeiter mitgenommen und in ihren Zweifeln und Problemen verstanden, ist die Akzeptanz gegenüber neuen Tools signifikant höher als bei Alleingängen der IT. Und selbst wenn neue Anwendungen nach den Wünschen und Bedürfnissen der Belegschaft eingeführt sind, ist es essenziell, diese zudem mit Lernmitteln auszustatten, sodass es mittelfristig keine Try-and-Error-Phase gibt. Selbstverständlich lernen User den intuitiven Umgang mit Tools oftmals nur im Anwendungsfall. Aber gerade bei frisch implementierten Applikationen sind Manuals und Tutorials grundlegende Bestandteile eines erfolgreichen Einsatzes, bei dem die Nutzer nicht wegen jeder Kleinigkeit den Support kontaktieren müssen. Dazu können Schulungsmaßnahmen zum korrekten Umgang mit Berücksichtigung häufiger Probleme ebenfalls Wunder wirken.
Zentral ist heute natürlich auch der Umgang mit Cyberbedrohungen. Worauf sollten Unternehmen in Sachen Phishing und Malware bei der Schulung des Supports achten?
Die Schlagworte hierfür sind Transparenz, Sensibilisierung und Bildung. Der IT-Support muss zu jedem Zeitpunkt wissen, welche Cybersecurity-Software oder normalen Anwendungen eingesetzt werden können, um einerseits die Konnektivität dieser Applikationen zu prüfen und andererseits die Eigenheiten jedes einzelnen Tools nachzuschlagen. Dazu bedarf es eines hohen Grades an transparenter Kommunikation zwischen IT und Support – aber auch zwischen den einzelnen Abteilungen und dem Serviceteam. Des Weiteren muss jeder Servicemitarbeiter kontinuierlich für die Gefahren und Angriffs- methoden sensibilisiert sein, sodass er diese Awareness auch weitergeben kann. Das schwächste Glied jeder Cybersecurity-Strategie ist am Ende des Tages der Mensch. Doch Sensibilisierung funktioniert nur über Wissensvermittlung. Deshalb ist der dritte Aspekt Bildung. So nervtötend es anmuten mag, so nachhaltig ist der Erfolg kontinuierlicher Schulungen zum Thema Cybersicherheit. Es gibt Anbieter, die sich hierauf spezialisiert haben und die stets am Zahn der Zeit sind, was die innerhalb der Schulungen verwendeten Anwendungsfälle angeht.
»Der Helpdesk ist zumeist überhäuft mit Anfragen«
Ein weiteres wichtiges Thema, das den Support in den letzten Jahren verändert hat, sind dezentrale beziehungsweise mobile Anwender. Wie kann ein Helpdesk, der den Support vor Ort gewöhnt ist, sich darauf einstellen?
Die Flexibilität und Konnektivität sind ja Themen, die alle Unternehmen in den letzten Jahren beschäftigt haben – unabhängig von der einzelnen Abteilung. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass besonders zu Beginn dieser Transformation der Helpdesk oftmals vor der Herausforderung einer Fernwartung stand. Und ich kann sagen, wir sind heute deutlich weiter als noch vor vier Jahren. Daher ist der IT-Support im besten Fall schon mitgewachsen und kann je nach Bedarf hochskalieren. Doch auch für den Fall, dass der Helpdesk noch nicht für die aktuelle Lage gerüstet ist, gibt es mittlerweile eine Vielzahl intuitiv zu bedienender Apps, um eine Fernwartung so leicht wie möglich zu gestalten. Nichtsdestotrotz sei hier erneut vor einem Aktionismus gewarnt.
Können Sie uns abschließend unverzichtbare Must Haves und Best Practices im Support nennen – und sehen Sie dabei Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen?
Ein essenzieller Bestandteil, der in keinem Supportteam fehlen darf, ist trotz aller Digitalisierung der Betriebsabläufe Geduld. Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Entsprechend wird auch kein Transformationsprozess von heute auf morgen abgeschlossen sein. Daher muss der Helpdesk ein gesundes Maß an Geduld mitbringen – für die Transformation selbst, aber vor allem auch für die Mitarbeiter, die den Umgang mit den neuen Tools erst lernen müssen. Es ist davon auszugehen, dass besonders in der Implementierungsphase verstärkt Rückfragen und Problemfälle auftreten, die durch falsche Bedienung entstehen. Hier gilt es, Ruhe zu bewahren und die Nutzer entsprechend zu schulen. Doch auch selbst wenn keine Implementierung neuer Applikationen durchgeführt wurde oder ansteht, muss der Support stets aufgeschlossen gegenüber neuen Lösungen sein. Es hilft niemandem, wenn ein neues Tool kommt und der Support Sätze sagt wie "Wären wir doch lieber beim Alten geblieben". Solche Aussagen versetzen der Motivation der Nutzer, mit den Neuerungen umzugehen, einen regelrechten Dämpfer. Besonders GenAI gliedert sich in eine Reihe von Erfindungen und Entwicklungen ein, die die Arbeitswelt grundlegend verändern – wie die Dampfmaschine in der industriellen Revolution. Dieser Technologie kann sich niemand verschließen. Wir möchten IT-Teams weltweit dabei unterstützen und bauen hierfür unsere Partnerschaften konsequent weiter aus. Erst kürzlich konnten wir unseren "Now Assist" in Microsofts Copilot integrieren, wodurch Anfragen direkt in MS Teams weitergeleitet werden. Damit schlagen wir ein neues Kapitel in der Arbeitsweise von Unternehmen auf. Beide Themen gelten im Übrigen für Unternehmen jedweder Größe: Geduld und Neugier vonseiten des IT-Supports können wahre Wunder bewirken – auch im Umgang mit den Nutzern. Denn letztendlich sitzen auf beiden Seiten des Rechners auch nur Menschen. Der IT-Support lässt einen Nutzer nicht absichtlich warten – und der Nutzer hatte es ebenso wenig geplant, den Fehler zu machen.
Wir danken für das Gespräch.
Robert Rosellen, Area Vice President Germany bei ServiceNow